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"Unter vier Augen" - Gert-Dieter Meier im Gespräch mit Kevin Wohlrath

Feuer frei in Bayreuth

medi bayreuths Neuzugang Kevin Eduardo Wohlrath (26) über Emotionen, Spektakel und die Kraft des Basketballsports  

 

von Gert-Dieter Meier

 

Name: Kevin Eduardo Wohlrath. Alter: 26 Jahre. Beruf: Basketballprofi. Größe: 197 cm. Gewicht: 92 Kilogramm. Schuhgröße 46,5. 

Das sind die Hardfacts, nach denen jeder Basketball-Fan fragt. Aber was für ein Mensch steckt hinter diesen dürren Werten? Wie wurde er, was er heute ist? Was treibt ihn um und an? Wie verlief seine Karriere? Und wie fand er am Ende zu medi bayreuth? Gert-Dieter Meier hat nachgefragt. Und „Unter 4 Augen“ mit dem Bayreuther Neuzugang gesprochen.

Nein, Kevin Wohlrath war kein Basketballwunderkind. Sein erster Berufswunsch war auch nicht etwa „Basketballprofi in der NBA“, sondern Polizist. Oder Feuerwehrmann. Doch eines Tages, im Jahre 2003, nahm ihn sein Vater mit zum Sport. Zu einem Spiel. Auf einem Parkplatz. Kein Parkett weit und breit, kein Schickimicki,  keine Umkleidekabinen. Nur Tartan. Und andere Männer, gegen die Vater Wohlrath antrat. „Diese Atmosphäre hat mich gepackt“, sagt Kevin heute. Im weitesten Sinne ging es wohl um Werte und um ein Lebensgefühl, das auch in jeder Marlboro-Werbung hätte vorkommen können. Um Freiheit, Abenteuer, Lebensfreude. Um den kleinen Kevin war’s geschehen. Die Dynamik, die Power, das Ungekünstelte, das imponierte dem Jungen. Das fand er cool. Obwohl er von dem Sport bis dahin kaum etwas kannte. Und das findet er noch immer cool an diesem Sport. 

Wohlrath hat bei ALBA BERLIN eine umfassende Ausbildung genossen: die Jugend „komplett hoch“, wie er sagt, dann die JBBL, dann die NBBL, wo er mit ALBA Deutscher Meister wurde, bevor er zu den Profis wechselte. Rückblickend sagt er: „Das war eine tolle Zeit in Berlin. Ich habe da irre viel gelernt. Und bin allen, die mir geholfen haben, ewig dankbar“. Dann der bittere Rückschlag: Im zweiten Jahr seiner Profikarriere ließ ein Kreuzbandriss alle Träume jäh platzen. Er musste eine Saison komplett pausieren und sich stattdessen ausgiebig um sich selbst kümmern. Reha statt Parkett. Aber man gab ihm alle Zeit, um wieder fit zu werden. Danach spielt er im Farmteam der Berliner bei SSV Lokomotive Bernau. Und obwohl das faktisch zunächst ein Rückschritt war, empfindet er diese Zeit heute durchaus als wertvoll: „Ich habe gemerkt, dass ich auch nach der schweren Verletzung wieder spielen und mir alles selbst wieder erarbeiten kann“.  Das spornte ihn an. Im Sommer 2017 wechselte Wohlrath zur Baskets Akademie Weser-Ems/Oldenburger TB in die ProB und wurde in den erweiterten Kader des Bundesligisten EWE Baskets Oldenburg aufgenommen. Ein Jahr später folgte der Wechsel zum Zweitligisten VfL Kirchheim Knights. In der Saison 2020/21 stand der Kapitän mit der Rückennummer 22 für die „Ritter“ in 31 Spielen auf dem Parkett, erzielte bei durchschnittlich knapp 22 Minuten Einsatzzeit 7,7 Punkte und holte bei einer Effektivität von 8,2 pro Partie 3,3 Rebounds. Über diese Zeit sagt der Mann, der am liebsten Eistee trinkt und Hip-Hop hört: „Ich habe da drei Jahre gespielt und sehr viel dazugelernt. Und jetzt bin ich hier. Und habe hier viel vor.“  

Fragt man ihn danach, was er am liebsten in seiner Freizeit macht, bekommt man eine Antwort, die auch von vielen anderen Basketballspielern stammen könnte. Hier mal ein Spielchen auf  der Konsole, da mal eine Serie von Netflix (Favoriten: „Suits“ und „How to get away with Murder“). Gerne Musik („Ich mag Hip-Hop sehr gerne, aber auf meiner Playlist findest du eigentlich querbeet alles. Außer vielleicht Hardcore-Heavy Metal oder Schlager“), gerne auch mal mit den Kumpeln etwas Essen gehen („Am liebsten Burritos oder Burger“). Abhängen, mal etwas lesen…

Was kennt er schon von Bayreuth? Es ist ihm fast ein bisschen peinlich: Eigentlich noch gar nichts. Daher fangen die folgenden Sätze zu Bayreuth mit dieser Einleitung an: „Ich habe gehört, dass…“ es hier eine Weltkulturerbestätte geben soll, viel Altstadtflair und überhaupt: die Stadt ganz gut sein soll. Konkreter wird er schon, wenn es um den Basketballsport geht: „Ich freue mich riesig auf die Oberfrankenhölle“, sagt der Single, der sich einige Heimspiele im Fernsehen angesehen hat. Sein Fazit: „Schon irre, welche Stimmung da herrschte – und wie diese Stimmung sogar Spiele gedreht hat.“ Und dann eine eher nachdenkliche Ergänzung: „Hoffentlich erleben wir das auch wieder in der nächsten Saison“, sagt der gebürtige Berliner mit Blick auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie. Basketball ohne Publikum – das geht gar nicht.

Wohlrath liebt die Emotionalität beim Basketball, dieses stetige Auf und Ab. Er mag es, wenn die Halle bebt und die eigene Mannschaft pusht: „Definitiv ist das ansteckend! Ich bin ein sehr emotionaler Spieler und liebe das Feuer, das vom Publikum kommt. Genauso feuere ich die Mannschaft an, wenn ich auf der Bank bin“, sagt Wohlrath, der auch einräumt, dass knappe Siege oder Niederlagen noch lange bei ihm nachwirken: „Das geistert schon mal zwei, drei Tage im Kopf herum“ – bei herausragenden Spielen noch viel länger.

Natürlich tummelt sich der Mann, der in Kirchheim die Rückennummer 24 getragen hat, regelmäßig in den sozialen Medien. Tauscht sich dort mit Freunden aus, liest auch schon mal Kommentare zu seiner Leistung oder zu der der Mannschaft. Aber es lasse sich davon nicht blenden oder gar verrückt machen, gesteht er: „Klar gefallen mir, wie wohl jedem anderen auch, Lob und Ansporn. Aber wenn es mal Kritik hagelt, dann lasse ich mich davon auch nicht verrückt machen.“ Zeitungen nutzt Wohlrath eher selten als Informationsquelle, meist macht er sich im Netz schlau – oder durchsucht die sozialen Medien. Und natürlich schaut er sich hin und wieder eine Partie aus der NBA an: „Weil’s sehr unterhaltsam ist und gespickt mit Highlights. Und weil man sich ja auch etwas abschauen will,“ sagt er schmunzelnd. 

Sport und Spektakel, das passe gut zusammen, sofern man es nicht übertreibe: „Mich nervt es schon, wenn zu viel Klamauk ist. Dann kann ich das Spiel selbst kaum noch genießen. Viel wichtiger als die Musik sind mir die Zuschauer. Die motivieren mich mehr als alles andere.“ Übrigens auch bei Auswärtsspielen: „Wenn alle richtig laut und erkennbar gegen dich sind und du in einer solchen Situation punktest und es plötzlich sehr still wird – dann ist das ein echt krasses Gefühl!“

Ende Teil 1 ... Fortsetzung folgt!